B2 •Im Bann der Fernsehserie

Mit welchen Techniken es Filmemachern gelingt, uns immer wieder vor den Bildschirm zu locken

SVEN GRAMPP

Berlin. Im Hintergrund spielt dramatische Musik. Gleich wird die Hauptfigur etwas Wichtiges sagen. Die Spannung wird größer. Und dann kommt: der Abspann! Wie geht es bloß weiter? Das erfährt man erst in der nächsten Folge.

Auf diese Art funktionieren viele Fernsehserien. Die Zuschauer sollen dadurch dazu gebracht werden, auch die nächste Folge anzuschauen und die Folge danach und so weiter. Sven Grampp ist Medienwissenschaftler und beschäftigt sich auch mit dem Thema Fernsehserien. Er sagt: „Das Prinzip ist genial: Das Publikum will unbedingt wissen, wie es weitergeht und kommt wieder. Damit lässt sich auf Dauer viel mehr Geld verdienen als mit Filmen.“

Mit Popcorn und einer guten Serie kann man es lange vor dem Fernseher aushalten.
Mit Popcorn und einer guten Serie kann man es lange vor dem Fernseher aushalten

Denn für einen neuen Film müsse man das Publikum aufs Neue begeistern, sagt der Fachmann. In einer Serie dagegen könne man dieselbe Idee einer Geschichte immer weiter erzählen.

Nicht nur ans Ende, sondern auch innerhalb einer Folge bauten die Serienmacher mit der Zeit immer häufiger spannende Szenen ein. So kann ein Sender zwischendurch Werbepausen zeigen, ohne Sorge zu haben, dass die Zuschauer abschalten.

Als das Fernsehen erfunden wurde, gab es zunächst nur wenige Sender. Doch mit der Zeit kamen immer mehr hinzu. Der Wettbewerb untereinander wurde stärker. Deshalb wurden auch die Serien detailreicher, besser und anspruchsvoller. Sven Grampp erklärt: „Die Handlung wurde in vielen Fällen komplizierter und unvorhersehbarer, die Figuren tiefgründiger. Sie entwickeln sich weiter und altern sogar manchmal mit den Zuschauern mit. Dadurch hat man nach einiger Zeit das Gefühl, man kennt die Figuren richtig gut.“ Das bringe die Leute dazu, einer Serie treu zu bleiben.

Früher musste man noch einen Tag oder eine Woche warten, bis die nächste Folge einer Serie im Fernsehen lief. Durch das sogenannte Streamen von Filmen und Serien im Internet ist das heutzutage anders. Auf Plattformen wie Netflix wird nach dem Ende einer Folge sofort die nächste abgespielt. „Das verführt natürlich dazu, nur noch vorm Laptop oder Fernseher zu hängen und stundenlang Serien zu gucken“, sagt der Fachmann. Das nennt man dann Binge-Watching (gesprochen: Bindsch-Wotsching).

So gut eine Serie aber auch gemacht ist: Nach einer Weile durchschauen manche Leute, wie sie Spannung erzeugt. „Eine gute Serie sollte daher dem Zuschauer immer wieder etwas Neues, Unvorhersehbares, ja sogar Verwunderndes, zeigen“, sagt Sven Grampp. „Die Kunst ist also, dasselbe noch mal zu erzählen, nur anders.“

Weser Kurier 14.05.21

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