B2. „Man weiß nie, wie das Tier reagiert“

Eine Unterwasser-Filmerin über Begegnungen mit Haien, verschmutzte Meere und Seeleoparden in der Antarktis

SILKE SULLIVAN

Berlin/Göteborg. Wenn Haie im Wasser sind, gehen nur die wenigsten Menschen gern hinein. Die Unterwasser-Tierfilmerin Christina Karliczek gehört aber dazu. Für ihre Arbeit muss sie ganz dicht an die Tiere heranschwimmen. In ihrem jüngsten Film hat sie Haie gefilmt, die in sehr kalten Gewässern leben. Mit uns hat sie über ihre ungewöhnliche Arbeit gesprochen.

Bei dem Wort Hai bekommen viele Menschen Angst. Sie dagegen sind für Ihren Film ganz nah an sie herangeschwommen.

Christina Karliczek: Es gibt in etwa 400 bis 500 Hai-Arten in der ganzen Welt. Davon sind die meisten eigentlich nicht gefährlich für uns Menschen. Bei den Hai-Arten, die ich in meinem Film gefilmt habe, wusste ich, dass die normalerweise keine Menschen angreifen. Es gibt aber immer ein paar Dinge, die bei meiner Arbeit unter Wasser gefährlich sein können.

Welche sind das?

Ich arbeite mit wilden Tieren, und man weiß nie, wie das Tier reagiert. Vor allem, wenn Tiere Angst haben. Da kann immer etwas passieren. Deswegen muss man aufpassen. Es kann auch vorkommen, dass man aus Versehen von einem großen Tier wie einem Wal getroffen wird, von der Schwanzflosse zum Beispiel. Das tut wahrscheinlich schon weh. Aber das sind eben Unfälle.

Wie können Sie verhindern, dass das passiert?

Ich bereite mich richtig gut auf jede Tierart vor, die ich filmen will. Ich versuche zum Beispiel erst einmal, die Tiere zu beobachten, bevor ich überhaupt anfange zu filmen. Ich schaue immer, welche Eigenheiten die Tiere haben.

Unterwasser-Filmerin Christina Karliczek hat sich einem Grönland-Hai genähert. Diese Tiere können einige Hundert Jahre alt werden.

Können Sie ein Beispiel nennen?

Für meinen Hai-Film habe ich auch den Riesenhai gefilmt. Das ist die zweitgrößte Hai-Art, die es gibt. Da wusste ich, dass ich ganz vorsichtig sein muss. Riesenhaie filtern mit weit geöffnetem Maul Plankton aus dem Wasser. Davon ernähren sie sich. Damit nicht irgendwas in ihrem großen Maul landet, das sie verletzen könnte, meiden sie Dinge, die im Wasser treiben. Als Taucher kann man einen Riesenhai deswegen leicht erschrecken. Dann schwimmt er weg.

Wie haben Sie das gelöst?

Ich bin nicht mit einem Tauchgerät mit Flaschen und Druckluft getaucht. Sondern ich bin geschnorchelt und habe die Luft angehalten.

Sie arbeiten schon viele Jahre als Tierfilmerin unter Wasser. Was fällt Ihnen bei Ihrer Arbeit auf?

Was mir Angst macht: Ich sehe an fast jedem Drehort, dass diese Tierarten, die ich filme, irgendwie bedroht sind. Oder dass die Welt, in der diese Tiere leben, sehr verschmutzt ist. Das ist etwas, was mir Sorge macht. Deswegen freue ich mich sehr, dass viele Kinder und Jugendliche sich im Klimaschutz engagieren oder im Artenschutz. Das ist echt großartig, und ich würde gerne zu allen sagen: macht weiter so oder fangt an. Aber auch die Eltern müssen mitmachen.

Haben Sie einen Lieblingsmeeresbewohner? Und wenn ja, warum?

Ich bin echt ein Fan von Haien. Das liegt daran, dass Haie als Jäger ganz oben in der Nahrungskette sind. Ich finde es faszinierend, wie viele ganz unterschiedliche Haiarten es gibt.

Gibt es ein Tier, das Sie unbedingt filmen möchten?

Ja, Seeleoparden. Die gibt’s nur in der Antarktis. Sie haben ein riesiges Gebiss und sehen eigentlich ganz schön unheimlich aus. Bisher wissen wir noch gar nicht so viel über diese Tiere, weil es auch sehr schwer ist, sie zu erforschen.

Das Gespräch führte Silke Sullivan.

Weser Kurier 03.03.2021

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